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Firmengeschichte Carrera

Gegründet durch Josef Neuhierl im Jahre 1920 in Fürth fertigte man zu­nächst Fahrzeuge. Pkws und Wehr­machts­fahrzeuge mit Uhrwerkantrieb. In den 30er bis 50er Jahren produzierte man bei Neuhierl eine große Zahl sehr schöner und qualitativ hochwertiger Blechautos. Ab Mitte der 50er Jahre sammelte man mit den maßstäblichen Automodellen der „STRUXI“-Serie erste Erfahrung mit der Kunststoffverarbeitung. Im Jahre 1963 wurde die erste, inzwischen legendäre Carrera-Autorennbahn „Universal 132“ am Markt eingeführt. 1972 (*1) präsentierte Carrera mit der Spurwechsel-Autorennbahn „Servo 1:40“ eine Welt­neuheit. Anfang der 80er Jahre geriet Carrera in finan­zielle Schwierigkeiten. 1985 kaufte Herr Kurt Hesse das in Konkurs befindliche Unter­ne­h­men und führte es unter dem neuen Namen „Carrera Century Toys GmbH“ wieder zur Welt­spitze. Heute ist Carrera ein modernes, in­ter­national orientiertes Unternehmen mit Niederlassungen in Frank­reich, Spanien und Hongkong und weltweiter Marktführer bei Auto­rennbahnen.

Der Weg der Autorennbahn

Die früheren Blechautos von Neuhierl waren entweder Phan­ta­sie­fahr­zeuge ohne konkrete Vorbilder, oder sie gaben die realen Vorbilder, wie es damals allgemein üblich war, nur sehr ungenau wieder. Aber schon damals zeigte man bei Neuhierl eine Vorliebe für die Stromlinie und schnelle Wagen. Wie die Abbildungen belegen (die hier leider nicht gezeigt werden, seb.boxenwart), wurden die Neuhierl-Blech­au­tos im Laufe der Zeit immer weiter ver­fei­nert und immer mehr zum wirklichen Modell. Eine wesentliche Verbesserung der Maß­stäb­lich­keit und der Detaillierung brachte der Umstieg auf den Werkstoff Kunst­stoff („STRUXI“-Serie). In den 60er Jahren stellte Neuhierl die Blechspielzeugproduktion zugunsten der neuen Carrera-Auto­renn­bahn endgültig ein.

Neue Spielideen „Tempo“, „Transpo“, „Servo“

Anfang der 70er Jahre boten viele Hersteller Spiel-Rennbahnen für Kinder an. Zu erwähnen sind hier Faller „HIT-CAR“, Mattel „Hot Wheels“, Matchbox „Superfast“ und Darda (produziert noch heute ähnliche Bahnen). Allen Bahnen gemein waren Plastikschienen mit hoch­gezogenen Führungsrändern und besonders leicht laufenden Auto­­mo­delle, die entweder durch ein Gefälle oder durch Katapulte auf Tempo gebracht wurden. Später erweiterten Federmotoren (Darda) oder Elektroantriebe die Spielmöglichkeiten. Auch Carrera bot eine solche Bahn unter dem Namen „TEMPO“ an.

Carrera „TRANSPO" ergänzte die Carrera-Rennbahn im Verkehrs- und Nutzfahrzeug-Bereich. Alle LKW-Modelle konnten vorwärts wie rückwärtsfahren und verschiedene Funktionen ausführen. Z.B. konnte der Kipplaster ferngesteuert seine Ladung in ein Silo kippen und aus diesem auch gleich wieder beladen werden. Der Beton­mischer besaß eine richtig rotierende Mischtrommel. Zubehör wie Silo, För­der­band mit Elektroantrieb, einspuriges Schienenmaterial und Wei­chen ergänzten das TRANSPO-Programm. Heute sind TRANSPO-Fahr­zeuge und das Zubehör sehr gesucht.

1972 (*1) stellte Carrera die Spurwechsel-Rennbahn „Servo 1:40“ vor. Diese ist bis heute die einzige Rennbahn der Welt, die sowohl spur­ge­bundenes als auch freies Fahren ermöglicht. Um einen Spurwechsel zu ermöglichen mussten die festen Führungsstifte der Fahrzeuge ent­fallen. Die Autos stehen frei auf der Fahrbahn. Die Servo-Schie­nen besitzen stabile Leitplanken, die anstatt der Slots und Füh­rungs­stifte die Fahrzeuge in der Spur halten. Grob vereinfacht lenkt ein Ser­vo-Auto immer nach rechts oder links und wird von der Leitplanke in der Spur gehalten. Durch ein Lenkrad am Fahrregler kann der Fah­rer sein Auto auf die rechte oder linke Fahrbahn steuern und so wir­k­lich überholen. Jede Fahrspur besitzt 4 Stromschienen (jeweils 2 für jedes Auto) damit nach einem Spur­wechsel die Stromübertragung weiterfunktioniert und der Fahrer die Kontrolle über das Fahrzeug behält. Durch diese Technik eröffnete sich eine ganz neue Spiel­di­men­sion, denn Ausbremsen, Antäuschen und Überholen sind jetzt ge­nau wie beim richtigen Autorennen möglich. (© Tintoy Magazin, Heft 5/96, Text Dieter Käßer)

Firmenchronik

1920: Gründung der Firma Josef Neuhierl Fürth (JNF) durch Josef Neuhierl. Firmenstandort ist die Waldstraße 80 in Fürth bei Nürn­berg. Gegenstand des Unternehmens ist die Herstellung hoch­wer­ti­ger Blechspielwaren

1942: Einstellung der Spielzeugproduktion im Zuge der Zwangs­wirt­schaft. Alle kriegswichtigen Materialien dürfen nur noch zu militä­ri­schen Zwecken verwendet werden.

1945: Nach Kriegsende Beschlagnahme der noch intakten Gerät­schaf­­ten durch die amerikanischen Besatzer

1947: Wiederaufnahme der Produktion in einer Baracke, die in den folgenden Jahren mit einigen Nebengebäuden als Produktionsstätte diente

1956: Fertigstellung der neuen Firmengebäude an der Waldstraße 36

1957: Tod des Firmengründers Josef Neuhierl. Fortan wird das Un­ternehmen von dessen Sohn, dem promovierten Chemiker Hermann Neuhierl, und dessen Mutter Frieda geführt

1960: Vorstellung der ersten Kunststoffprodukte des Hauses JNF. Unter dem Label STRUXY werden zerlegbare Fahrzeuge im Baukas­tenprinzip angeboten

1963: Vorstellung der Autorennbahn CARRERA-SYSTEM im Maßstab 1:32. Dieses Spielzeug ist so erfolgreich, dass 1965 die STRUXY-Rei­he aus dem Programm genommen wird, um Kapazitäten freizu­stel­len

1966: Vorstellung des Rennbahnsystems 124, welches sich vor allem an die engagierten Hobbyfahrer wendet. 1967 kommt die neue Bahn in den Verkauf. Erst jetzt wird der kleine Maßstab als CARRERA 132 UNIVERSAL bezeichnet

1969: Vorstellung der CARRERA JET, einem dreidimensionalen Flug­spiel für das Kinderzimmer. Nach kurzen Anfangserfolgen wird das Sys­tem nach knapp zwei Jahren mangels Nachfrage eingestellt

1970: Vorstellung der CARRERA TRANSPO, einem LKW-Spielsystem auf den bekannten Universal-Schienen

1972: Der Firmenname wird in CARRERA SPIELWARENFABRIK NEUHIERL GmbH & Co. KG geändert. Im gleichen Jahr Produkt­ein­führung der STRUCTO -Reihe: In den Folgejahren werden Fahrzeuge im Maßstab 1:24 bis 1:8 mit Friktionsantrieb, Kabelfernlenkung und Funk­fernsteuerung angeboten, außerdem Schiffe und Flugzeuge

1975: Die Transpo LKW werden mit Dachschaltern versehen und in das Universal-Programm eingegliedert

1976: Die kleine Rennbahn CARRERA 160 wird eingeführt

1978: Carrera stellt die CARRERA SERVO Rennbahn vor, eine Auto­rennbahn, bei der die Wagen auf den Schienen die Spur wechseln kön­nen. Das System wird ab 1979 in den Maßstäben 1:60, 1:40 und 1:32 angeboten.

1979: Carrera erzielt mit über 75 Mio. DM den höchsten Umsatz in der Firmengeschichte

1980: Nur ein Jahr nach dem Rekordjahr muss Neuhierl erstmals aus betrieblichen Gründen Personal entlassen. Der hohe Anfangserfolg der Servo-Bahnen, war nicht von Dauer. Die für das Unternehmen über­lebenswichtigen Nachkäufe blieben aus, da das System prinzip­be­dingt schnell langweilig wurde

1984: Einführung der technisch stark vereinfachten CARRERA Profi Rennbahn. Die Produktion der UNIVERSAL und der 124er Bahn wird ein­gestellt, Restbestände werden aber bis 1985 ausgeliefert

1985: Die Kapazitäten sind nur noch zu 1/3 ausgenutzt. Am 31.01.1985 beantragt Carrera Konkurs bei einer Verschuldung von 25 Mio. DM. Am 06.02.1985 nimmt sich Dr. Hermann Neuhierl gemeinsam mit seiner Mutter Frieda das Leben. Neuer Inhaber wird Kurt Hesse, der die Firma in Carrera Century Toys umbenennt. Die Produkte wer­den unter dessen Regie weiter vereinfacht, Spielfiguren und fremd ge­­fertigte Plüschtiere werden in das Pro­gramm aufgenommen

1989: Carrera bringt die alte 124er Bahn wieder auf den Markt, jetzt unter dem Label EXCLUSIV. Optisch und technisch fallen die neuen Produkte im Vergleich zu früheren Jahren deutlich ab. Im glei­chen Jahr bringt Carrera die Billigbahn CAR-RACING auf den Markt, die den Namen Carrera sicher nicht verdient hat

1997: Immer wieder dringen Erfolgsmeldungen über die angeblich ge­lungene Sanierung in die Presse, die später wie eine Seifenblase plat­zen, als Carrera im Mai 1997 erneut verkauft wird und die deso­late Fi­nanzsituation an den Tag kommt. Die neuen Inhaber unter Füh­rung des branchenerfahrenen Geschäftsführers Hubertus Malei­ka be­mü­hen sich, verlorenes Terrain zurück zu gewinnen, welches sie in den ver­gangenen Jahren vor allem an die neuen Konkurrenten FLY und NINCO verloren haben. Die ersten Produkte unter neuer Führung sind ein riesiger Schritt in die richtige Richtung. Vor we­ni­gen Jahren wäre Carrera damit ganz vorn gewesen, heute läuft Carrera den Kon­kur­renten hinterher, die die Messlatte vor allem in op­tischer Hinsicht sehr hochgelegt haben. Carrera gelingt es derzeit nicht, das zu ver­mutende hohe Marktpotential durch offen­sive Markt­strategien zu er­schließen, obwohl der Name beim Endver­brau­cher nach wie vor „zieht“ und einer der stärksten deutschen Mar­ken­namen überhaupt ist. Technische „Neuerungen“, wie der bei der neu­en Evolution Bahn eingeführte Reibradantrieb, sind eher als Gag denn als Fortschritt an­zusehen. Schon in den sechziger Jahren hatten an­dere Firmen die­sen Versuch nicht ohne Grund eingestellt. Dennoch: Von der Produkt­seite her, scheint Carrera wieder auf dem richtigen Weg zu sein.

1998: Das alte Firmengebäude wird verlassen. Carrera zieht von Fürth nach Nürnberg. Die Produktion wird vollständig nach Fernost verlegt

1999: Die enorme Schuldenlast führt kurz vor der Nürnberger Spiel­warenmesse zu einem erneuten Verkauf der Firma. Neuer Inhaber wird der Österreicher Unternehmer Stadelbauer, der als Branchen­insider langjährige Beziehungen zu Carrera pflegt. Das Unternehmen firmiert jetzt unter der Bezeichnung STS RACING GmbH. Ob ihm ge­lingt, woran drei Unternehmer vor ihm scheiterten, bleibt abzu­war­ten, das Potential dazu hat er ohne Zweifel. Der Erfolg wird im Wesentlichen davon abhängen, ob es Carrera endlich gelingt, den eigenen Markt und damit die Erwartungen der angesprochenen Konsumen­ten­gruppen zu verstehen und dieses Wissen in ansprechende Produkte umzusetzen. Dazu gehört, dass Carrera nicht nur Trends hinterher­läuft, sondern als innovatives Unternehmen wieder die Richtung vor­gibt. Denn eines ist klar: Hätte Carrera in den vergangenen Jahren nicht so schlechte Produkte geliefert, hätten die heute durchaus ernstzunehmenden Konkurrenten nicht den Hauch einer Chance gehabt, auf dem deutschen Markt Fuß zu fassen. (motorman 06.02.02 21:02)

Anmerkung :  (*1) Die Servo 140 wurde 1979, nicht wie im Artikel erwähnt, 1972 eingeführt

Ein Pressblock aus der Nürnberger Produktion für Achsschenkel und Lenkbrücken

Eine CAD-Zeichnung  für die Umlenkbrücke der Spreizfeder-Lenkung